In Lisens am Morgen +3°C. Hab die Ski genau gleich lang wie im Stubai bzw. fünf Minuten länger als am Sulzkogel getragen – mittlerweile hab ich den einfachsten und perfekten Anstieg vom Fernerboden bis hinauf zum Schnee intus, letztes Jahr hab ich noch ein paar mal herumprobiert und -gesucht. Nach der klaren Nacht und den Temperaturen war der Sommerfirn natürlich schön gefroren. Zwischen 2700m und 3100m ist die Schneeoberfläche wieder einmal von Massen von kleinen, schwarzen Gletscherflöhen bedeckt – Blutalgen sieht man dafür noch keine. Der Lüsener Fernerkogel Gipfelanstieg ist praktisch schneefrei. Ab etwa 3000m liegt ein bisschen schmierender Neuschnee auf dem sommerfesten Untergrund. Vom Lüsener Fernerkogel bin ich bei super Bedingungen über die Rotgratrinne in die Mauer hinunter – durch die östliche Ausrichtung grad recht aufgeweicht. Von dort ging’s wieder hinauf aufs Spitze – wo ich am Gipfelhang noch ganz knapp am letzten Streifen mit Ski bis zum Kreuz hinauf und hinuntergekommen bin. Bei mittlerweile ebenfalls genau richtig aufgeweichtem Sommerfirn in der Mauer (bzw. oberhalb von 3000m wieder der schmierende Neuschnee auf hartem Untergrund) bin ich wieder hinunter und noch auf den Lawinenresten ohne auszuziehen unterhalb der Lüsener Fernerkogel Ostwände bis auf 2130m mit Ski hinuntergekommen.
Sobald der Schnee sommerfest ist, hat man zwar kaum mehr das „Lawinenproblem“ wie bei bei den klassischen Firnsituationen im Frühjahr. Trotzdem ist es die Kunst, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, weil man sonst entweder auf der noch harten, ungleichmäßigen Oberfläche hinunterrattert – wer das nicht kennt: sehr unangenehm! – oder eben wenn der Sommerfirn schon zu fest aufgeweicht ist, „klebt“ man am Boden fest und kann nicht schwingen und hat die erhöhte Gefahr, an Stellen mit nur ganz dünner Schneeauflage durchzubrechen und sich dadurch die Haxen zu brechen oder schlimmeres…
Am Lüsener Fernerkogel Gipfel direkt neben dem Kreuz ist auf der Nordostseite eines Steins übrigens noch ganz leicht der Name von Karl Wechner zu lesen – vermutlich irgendwann zwischen 1870 und 1910 aufgemalt. Nach ihm sind ja Wechnerkogel und Wechnerwand benannt. Er war auch bei der Wilden Bande – lesenswertes dazu.
Noch eine „unnötige“ Zusatzinfo – eine sehr nette Geschichte:
Ein alter Hirte wurde auf der Aflinger Alm von seinem Enkel angesichts der gigantischen Bergkulisse gefragt, wie alt die Berge seien. Dieser antwortete:“Die Berge sind die Ewigkeit.“ Der Kleine gab sich damit nicht zufrieden und bohrte weiter:“Was ist das, die Ewigkeit?“ Darauf sein weiser Großvater:“Hör zu, stell dir eimal vor, dass ein Specht alle tausend Jahre einmal auf den Lüsener Fernerkogel fliegt und dort eine Viertelstunde auf den Felsen pickt. Dann fliegt er fort und kehrt nach weiteren tausend Jahren wieder zurück um abermals eine Viertelstunde zu picken. Wenn der Vogel auf diese Weise den gesamten Lüsener Fernerkogel abgepickt hat, dann ist ein Tag in der Ewigkeit vergangen.“
Aus dem Büchlein „Praxmar/St.Sigmund – Die Beschreibung eines Weilers im hinteren Sellraintal“ von Kurt Schlüter, 70 Seiten, entlehnbar in der Uni Bibliothek.
Toller Bericht Lukas!
Freut mich auch, daß du dich ein wenig mit der Alpingeschichte befaßt. Der Interessierte kann viel dabei lernen.
Berg Heil!
Ich verfolge deinen Blog seit einiger Zeit und muss mich echt wundern dass du noch immer Lust hast mit den Skiern unterwegs zu sein :). Ich selbst bekomme fast schon wieder Lust auf die nächste Saison und die Ski stehen schon seit 6 Wochen im Keller!
RESPEKT und Danke für die Inspiration
Daniel – Innsbruck