Test: Fischer Transalp 90 – Tourenski | Review

Test: Fischer Transalp 90 – Tourenski | Review

Lesezeit: 11 min

Ursprünglich erschienen im Bergzeit-Magazin

Zu Beginn ein Disclaimer: Ich bin seit 2013 Teil der Fischer Familie und bekomme immer mindestens einen Kaffee spendiert wenn ich in Ried zu Besuch bin. Man könnte mir also Befangenheit attestieren und wird wahrscheinlich Recht behalten. Trotzdem zwingt mich niemand, diesen Artikel zu schreiben und ich bekomme auch kein Geld dafür. Da ein Testbericht der Community – aber auch mir sowie natürlich dir als Leser – nur in einer wahrheitsgetreuen Form weiterhilft, versuche ich trotzdem objektiv zu bleiben bzw. meine persönlichen Empfindungen uneingeschränkt festzuhalten. [(c) Stephan Skrobar]

Zu den Testbedingungen

ich bin ein ambitionierter Tourengeher der sich fast das ganze Jahr über mit Ski am Berg bewegt und dabei um die 140 Skitouren je Saison zurücklegt. Sei es bei Gletscherskigebiets-Pistentouren im September, Grashügel-Skitouren im Oktober, Steinskitouren im Dezember, Hochwinter-Pulverträumen, Frühjahrs-Firnwelten oder Frühsommer-Bremsschneeaktionen. Immer mit einem konservativen Fahrstil und sehr oft im technisch anspruchsvollen Gelände jeglicher Art. Ich fahre die meisten Tourenski mit einer Fischer Speed Turn (Baugleich Dynafit Speed Turn) – so auch den getesteten Transalp 90. Die Entwicklung der ersten Transalp-Tourenskilinie und auch der nun technisch zweiten Generation der Transalp-Ski habe ich von Beginn an bei Fischer begleitet. Der Transalp 90 stellt nun das Topmodell aus der zweiten, technisch grundlegend verbesserten Generation dar. Ich bin mit dem Transalp 90 heuer in der vierten Saison unterwegs und hatte von den ersten Prototypen bis zum fertigen Ski alles an den Füßen.

Transalp-Serie: Allgemeine Merkmale sowie Entwicklungen der neuesten Generation

Der Holzkern

Optimierte Air-Tec Fräsungen im Skikern

Wie in fast allen modernen Tourenski wird auch bei der Transalp-Serie Paulownia Holz verwendet. Paulownia weist bei einem sehr niedrigen Raumgewicht eine hohe Zugfestigkeit auf. Das meist aus Russland stammende Holz wird bei Fischer durch zwei Verarbeitungsmethoden an die modernen Anforderungen eines ausgeglichenen Gewichts-Stabilitäts-Verhältnisses angepasst: Erstens wird der Holzkern seitlich abgerundet („Aeroshape“, von außen sichtbar), zweitens wird der Kern an der Unterseite mit einem speziellen Muster ausgefräst („Air Tec“, von außen unsichtbar, siehe Foto). Das Fräsungsmuster wurde jahrelang im Sinne maximaler Haltbarkeit und Stabilität entwickelt und wird inzwischen bei Fischer in Ski aller Sektoren aus Nordisch, Alpin & Tour angewandt.

 

Laminate & Versteifungen – Titanal, Stringer & Diagotex

Um eine maximale Ausreißfestigkeit der Bindungsschrauben zu garantieren, wird großzügig im Bereich der beiden Bindungsbacken eine Titanalplatte (eine Aluminiumlegierung) auf den Holzkern geklebt – wie mittlerweile im Tourenski-Sektor üblich. Neben der Ausreißfestigkeit ergibt sich eine bessere Kraftübertragung durch die versteifende Wirkung der Platte sowie die Möglichkeit, die Bindung mehrmals zu versetzen – ohne ein Problem mit potentiellen Schrauben-Ausreißern zu verursachen.

Diagotex in schwarz sichtbar

Die größte Neuerung betrifft die Verwendung von Carbon in der neuen Transalp-Serie: Die zehn Carbon-Stringer (über die gesamte Skilänge verlaufende Carbonstreifen) wurden durch Carbon-Einlagen anhand der sogenannten Diagotex-Faser ergänzt. Dadurch erhöht sich die Torsionssteifigkeit des Transalp 90 massiv. Torsionssteif bedeutet, dass der Ski verwindungssteif ist. Die Verwindungssteifigkeit wirkt sich direkt auf den Kantengriff eines Ski aus. Das heißt, je torsionssteifer ein Ski ist, desto besser greift die Kante bei harten Bedingungen. Im Vergleich zur ersten Transalp-Generation hat sich die neue Transalp-Linie mit der Diagotex-Faser somit merklich bezüglich Kantengriff bei harten Bedingungen verbessert. Diagotex wird von Fischer bereits seit einigen Jahren bei Alpin-Ski verwendet und wird damit erstmals erfolgreich auch in Tourenski verbaut. Die Carbon Fasern laufen nun längs über die gesamte Skilänge (Stringer) und zusätzlich in einem Gewebe (Diagotex) über die gesamte Skifläche. In Verbindung mit dem relativ weichen Paulownia-Holzkern ergibt sich ein ausgeglichener Flex den ich persönlich als sehr angenehm empfinde, wenn man den Ski bei verschiedenen Bedingungen fährt: Nicht zu hart aber auch nicht zu weich. Zusätzlich zum Diagotex zeigt der Transalp 90 eine Seitenwange im Bindungsbereich um den Kantengriff weiter zu verbessern.

Shape

Der Shape der Schaufel wurde an moderne Anforderungen angepasst, die vorher spitz zulaufende Skifront wurde abgerundet. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: Der Transalp 90 schwimmt im Powder besser auf. Außerdem ist die Schaufel – sofern man viel harten Schnee fährt – wesentlich weniger anfällig bezüglich Abnützungserscheinungen, da sie beim Aufkanten erst später am Boden streift. Zudem schaut der neue Schaufelshape einfach lässiger aus :-)

Sekundäre Merkmale

Einfädeln des Fellhakens

In die Fischer-eigene Fellbefestigung habe ich mich seit Jahren verliebt: Es gibt meiner Meinung nach derzeit kein besseres System. Der Fronthaken schließt bündig mit der Skioberfläche und bleibt durch alle erdenklichen Beanspruchungen an Ort und Stelle. Das Skiende wurde ebenfalls zu den Vorgängern verbessert: Das Aluhinterteil wird inzwischen von einem Kunststoffende verkleidet. Daraus ergeben sich zwei Vorteile: Das Schwänzchen der Fellbefestigung hält besser und es knallt nicht mehr bei jedem Schritt wenn man den Ski in der Hand tragend auf einem harten Boden nach jedem Schritt aufsetzt.

Fellhaken schließt bündig mit der Skioberseite

Im Gelände

Den Fischer Transalp 90 bin ich bereits zwei volle Saisonen bei allen möglichen Bedingungen gefahren: Von Steilwandabfahrten, stein- und alpenrosendurchsetzter Schneedecke über perfekten Pulverschnee oder engste Rinnen bis zu einer pickelharten Habicht-Nordflanke im Mai 2018. Er hat sich mittlerweile zu meinem am häufigsten verwendeten Ski gemausert und überzeugt vor allem bei anspruchsvollen Schneebedingungen. Bei Bruchharsch stehe ich am liebsten auf dem Transalp 90, bei bis zu 30cm Pulverschnee hat er sich ebenfalls zu meinem Lieblingsski erkoren, aber auch bei Steilabfahrten überzeugt er mich und ich habe praktisch alle Hochwintertouren der letzten Saisonen mit diesem Ski durchgeführt. Ein richtiger Ski getreu dem Motto der Transalp: Er macht bei allen Bedingungen, in allen Situation, auf allen Bergen der Alpen eine gute Figur.

Transalp 90 x2, Habicht Nord, Mai 2018, bockhart.

 

Ohne Vorteile keine Nachteile

Das geringe Gewicht offenbart sich ganz klar in der Haltbarkeit. Egal ob Balsa, Karuba, Paulownia oder wie sie auch heißen mögen – leichte Hölzer haben einen großen Nachteil: Die Fahreigenschaften der Ski, u.a. auch die Vorspannung, lassen relativ schnell nach. Bereits nach einigen Dutzend tausend Höhenmetern auf Tour merkt man dem Ski bei fordernden Bedingungen seine Alterung an. Aber ich muss ganz klar sagen: ich würde mir trotzdem niemals einen schweren Tourenski zulegen – schließlich sind wir als Skitourengeher Bergsteiger im Winter und keine Alpinskifahrer.

Bei durchwegs hartem Schnee verwende ich nach wie vor lieber schmälere Tourenski. Im Aufstieg sind sie einfach angenehmer weil man mit weniger Breite besser auf der Kante gehen kann und sich damit tausendmal leichter tut, wenn man steile, harschige Hänge begeht. Außerdem bringt jeder Millimeter, den man mehr an Breite mitnimmt, bei Frühjahrsbedingungen einfach nichts mehr – außer höheres Gewicht, höheren Fellwiderstand und schlechtere Abfahrtsperformance.

Fazit

Die Eigenschaften eines Skis sind immer relativ zum Fahrer, seinem Können und seinen Bedürfnissen zu sehen. Ich persönlich bin extrem zufrieden über das Gewichts-Performance-Verhältnis des Transalp 90. Der Ski sticht vor allem in Sachen Torsionssteifigkeit durch das Diagotex inzwischen aus der Masse der Tourenski heraus. In Sachen Drehfreudigkeit & Flex ist für den Skibergsteiger sehr gut abgestimmt.

Der Transalp 90 verdient zurecht den Namen „Topmodell“ der Fischer-Tourenskikollektion. Ich habe den Transalp 90 und seine Vorgänger auf hunderttausenden Höhenmetern im Skitourengelände im gesamten Alpenraum auf Herz und Nieren getestet und bin überzeugt: Er ist eine top Waffe für Skibergsteiger und eignet sich genauso für Standardtouren wie für steilste Erstbefahrungen. Wer „nur“ einen Ski fährt, dem kann ich den Transalp 90 als Allround-Tourenski durch die 120-89-108er Taillierung, 19m Radius und 1230g Skigewicht wärmstens empfehlen. Für die ambitionierten Skibergsteiger mit mehreren Paar Ski im Keller eignet er sich am besten als Hochwintertourenski, vor allem auch für wechselnde Schneebedingungen und/oder für anspruchsvolle Abfahrten!

Mit dem ersten Transalp 90 Prototyp auf Steilwandabfahrt

8 Gedanken zu “Test: Fischer Transalp 90 – Tourenski | Review

  1. Welchen Vergleich haben Sie ?

    Ich bin zum Ski Test den Black Crow freebird orb gefahren und hatt mir in fast allen pistenverhältnissen deutlich besser gefallen. Auch der K2 wayback war im Vergleich angenehmer

  2. Und welche Mittenbreite fährst Du bei Frühjahrsverhältnissen? Da gibt‘s ja jetzt ein paar schmälere Skimodelle die eigentlich für die Zielgruppe Pistentouren verkauft werden.

  3. Hallo Lukas
    Danke für den umfangreichen Bericht. Könnten Sie bitte noch eine Längenempfehlung abgeben?
    Danke und freundliche Grüße
    Rudolf Goller.

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