Rückblick Winter 2017/2018

Rückblick Winter 2017/2018

Lesezeit: 32 min

Zum Einlesen in die kommende Saison, der persönliche Winterrückblick der Saison 2017/18.

Ich habe dieses Jahr intensiv am Tiroler Teil im Saisonbericht der österreichischen Lawinenwarndienste mitgearbeitet. Mehr Hintergründe und einen ausführlichen, schriftlichen Rückblick gibt es dort. Hier erhältlich über den Österreichischen Alpenverein.


Der September war durchwegs trüb mit regelmäßigen Schneefällen bis zur Waldgrenze. Den ersten Ski-Schneekontakt gab es am 21.09.2017. Die Tauern bekamen eine satte Ladung Neuschnee und wir konnten eine Gletschermessung am Stubacher Sonnblickkees an der Rudolfshütte bereits sehr gut mit Ski durchführen.

Etwas September-Neuschnee daheim
Viel mehr davon am 21.09. in den Tauern

Wie üblich haben wir die heimische Saison am Stubaier Gletscher eingeläutet. Die Verhältnisse der Jahreszeit entsprechend recht gut.

Anstieg Schaufelspitze am 28.9.2017

Der Oktober hatte eine ausgesprochen warme Hochdruckphase im Gepäck. Erst Ende Oktober gab der Winter ein weiteres Lebenszeichen von sich.

Pistenpulver Ende Oktober
Die Spalten sind noch weit offen. Vom Zuckerhütl über den Sulzenauferner in die Nördlichen Stubaier.

Anfang November dann die ersten massiven Schneefälle bis in die Täler. Stichwort: Hoadln.

08.11.2017, Hoadl
Und viel guter Schnee :-)

Im November hat es schließlich regelmäßig geschneit. Die Verhältnisse waren bereits sehr gut. Pulver stand an der Tagesordnung. Sellrainer Standardtouren wurden großteils angespurt.

Kühtai am 14.11.2017
Sonnenuntergangstour Hochalter im November
Man beachte Aria im Hintergrund.

Anfang Dezember hat sich die erste von drei Phasen mit großteils stabiler Schneedecke ergeben. Und dazu eine bereits recht mächtige Schneedecke und Pulver!

Ich habe bereits eine Hand voll Touren im Dezember angespurt, die ich sonst erst im Feber oder März begehe.
Soviel Schnee war in diesem Bereich in den vorigen drei Jahren kaum mal, auch im Spätwinter. Das Foto stammt aber von Anfang Dezember der abgelaufenen Saison.
Einfach toll für Dezember!
Schneeprofilgraben war schon fast langweilig durch einen extrem guten Aufbau im nicht-vergletscherten Gelände (Wo der Septemberschnee nicht liegen geblieben ist. Denn dieser wurde während der Hochdruckphase im Oktober facettiert)
Bei den meisten Tests brachte man durch eventuelle Schwachschichten im Altschnee meist nur Teilbrüche her. Ein völlig anderes Bild als in den letzten drei Wintern.
03.12. im Schöntal. Matthias in seinem Element.

Vor allem unterhalb von 2000m lag in den letzten Wintern nie soviel Schnee. Weder zu Beginn, noch am Ende.

Kraspestal Mitte Dezember.
Lässt das Skifahrerherz höher schlagen. 13.12.2017

Im Jänner dann die extremen Schneefälle samt Wind. Einmal in der ersten Jännerwoche, sowie vom 16.01. – 23.01..

Im Westen Tirols herrschte einen Tag Lawinenwarnstufe 5. Dies war letztmals 2001 der Fall. Zwischen den Schneefallphasen lag Mitte Jänner allerdings die zweite Phase mit tollen, überaus stabilen Bedingungen.

Bereich Hochimst – eines der Tiroler Schneelöcher – auf ca. 1500m während des einsetzenden Warmfrontniederschlags während des ersten intensiven Niederschlagsereignisses am 04.01. Bei der Abfahrt hat es dann geschüttet.
Schneedeckenerscheinungen nach der Warmfront samt Regen vom 04.01. – Aber ohne Warmfronten gibt’s halt auch keine intensiven Niederschläge im Winter.

Wenn wir schon nicht ins Gelände können, dann zumindest auf Ski!
Die stabile Phase Mitte Jänner (zwischen den Starkschneefällen) wurde für entsprechende Touren genutzt
:-)

Da wir kaum relevante Schwachschichen im Altschnee hatten, gab es auch nur verhältnismäßig relativ wenige große Lawinen während der 5er Situation um den 22.01. (bzw. einem scharfen 4er in den Stubaiern). Die meisten Lawinen sind im Neuschnee gebrochen oder maximal in „kalt auf warm“-Schwachschichten im besonnten Gelände in gewissen Höhenbändern. Wer darin stärker interessiert ist, hier eine genauere Analyse der Lawinensituation während der Starkschneefälle Ende Jänner.

Wie es schneereiche Winter mit sich bringen, war dafür die Gleitschneelawinen-Aktivität gewaltig. Vor allem in den schneereichsten Regionen bzw. dort wo es viele Grasflächen gibt, wie der Arlberg, das Außerfern oder die Tuxer Alpen. Ich habe derart viele Gleitschneelawinen und -risse auch im Sellrain noch nie beobachtet. Auch im letzten, sehr schneereichen Winter 2011/12 nicht.

Interessant: ist der Frühwinter schneearm und bilden sich dadurch bodennahe Schwachschichten aus, gibt es auch in einem sehr schneereichen weiteren Winterverlauf keine sehr hohe Gleitschneeaktivität. Facetten am Grund der Schneedecke behindern das Schneegleiten…

Mehr zum Thema Gleitschnee im Sellrain hier.

Gleitschnee fasziniert: der Vergleich zum Auslösemechanismus mit Schneebrettlawinen und nicht zuletzt die Gefahr der „Spaltenstürze“. Stellt euch Gleitschnee vor wie einen fließenden Gletscher. Und zum tausendsten Mal: Man kann Gleitschneelawinen nicht auslösen. Wenn man einen Gletscher begeht, fließt er schließlich auch nicht schneller zu Tal…
West- bis Nordwestwind war der ständige Begleiter während der Schneefälle im Jänner.
Ende Jänner auf 1600m

Ende Jänner/Anfang Feber – etwa 1 Woche nach dem 5er –  hat sich eine der besten Situationen für Steilwandabfahrten ergeben seitdem ich Skitouren gehe.  Es gibt halt mittel- und langfristig nichts besseres für die Schneedeckenstabilität als Starkschneefälle. Für einige Tage fand man supersicheren Pulver in Bereichen & Hängen, wo meist nicht einmal Schnee liegt. Nur in N, NW & W-Hängen lag höher oben wesentlich weniger Schnee als in den letzten Wintern weil der ständige NW-Wind während der Schneefälle sie vollkommen leerfegte.

Das besondere an der Situation: Ich habe eine Abfahrt gemacht, die ich aufgrund der Steilheit nur bei Pulver als machbar auf der Liste hatte (nicht bei Firn). Doch derart sichere Pulversituationen gibt es praktisch nur im Frühjahr. Aber ab Ende Feber konnte man diese Abfahrt wiederum nicht mehr wagen, da sie sofort von Lockerschneelawinen stark gefährdet ist. Ich habe darum einige Jahre auf eine sichere Früh-/Hochwinter-Pulversituation warten müssen.

 

Start Rinnenabschnitt

Wir konnten in einer guten Woche einige weitere, gewaltige Abfahrten realisieren.

What a winter!

 

Interessant: In einem gewissen Höhenband in sehr steilen Südhängen lag Anfang Feber frischer Pulver auf einer zuvor gebildeten Kruste. Sluff-Management war dadurch in Steilheiten von 35°-40° bereits ein großes Thema! Man hat bei jedem Schwung eine kleine Lockerschneelawine („Sluff“) ausgelöst. Diese hat einen bald überholt und barg eine große Mitreißgefahr. Normalerweise ist Sluff-Management nur bei extremen Abfahrten beim Freeriden ein Thema. Mehr zum Thema aber im Saisonbericht der LWDs.

Gleichzeitig stellt sich kurzfristig eine ganz besondere Situation bezüglich Lawinengefahr ein: durch eine facettierte (= aufbauend umgewandelte) Altschneeoberfläche und schwachen Wind, der ganz kleine Triebschneepakete erzeugte die ganz, ganz vereinzelte Gefahrenstellen ausschließlich im kammnahen Gelände zur Folge hatten. Die Schneebrettlawinen sind sehr klein geblieben, allerdings waren sie schon mit einem schiefen Blick oder einem Furz auslösbar. Die Situation ist derzeit nicht offiziell mit einer Gefahrenstufe nach der Europäischen Matrix (womit die Gefahrenstufen bei uns festgelegt werden) beschrieben – man lernt immer wieder dazu.

Die Situation vom Feber mit blauem Kreuz gekennzeichnet.

 

Ab Mitte Feber herrscht eine zweiwöchige Kältephase mit teils tollem Wildschnee.

Während der Kälte am Zwieselbacher Rosskogel
„Lauter Pulver“ ist an der Oberfläche facettiert, er glitzert stärker. Oberflächenreifkristalle müssen nicht unbedingt dabei sein. Dadurch zischt er bei jedem Schwung und rutscht leichter als Lockerschneelawine ab.

Mitte Feber hat sich zwischen zwei Krusten – die sich nur sonnseitig durch die Einstrahlung gebildet haben – eine facettierte Schwachschicht entwickelt. Die kleinen, kantigen Kristalle haben uns aufgrund der Stabilitätstest-Ergebnisse massiv in Alarmbereitschaft versetzt. Ab 19.02. war es in sonnseitigen Hängen zwischen 2300m und 2800m hochgiftig. Das Schneebrett oberhalb der Schwachschicht ist durch Neuschnee und Wind inzwischen dazugekommen. Die Situation sollte bis Ende März durch weitere, oberflächennahe Schwachschichtbildungen des so genannten Gefahrenmusters „kalt auf warm“ in Sonnenhängen so bleiben. Wir haben uns sonnseitigen Steilhängen von Mitte Feber bis Ende März komplett ferngehalten. Das ist uns aber auch nicht schwer gefallen: Schattseitig gab es meist tollen und ziemlich gefahrlosen Pulver. Wie beispielsweise am folgenden Video:

 

Zwischen zwei Schmelzkrusten befindet sich eine neu gebildete, facettierte Schwachschicht. Oberhalb liegt aber noch lockerer Pulver. Das nötige „Schneebrett“ fehlt noch. Es wird meine letzte, südseitige Tour für einige Wochen sein.

 

Ich habe im Feber einen Artikel namens

Der todgeile Dreier: Südseitig, >35°, Lawinenwarnstufe 2

veröffentlicht. Mit dem Plädoyer, immer nach der jeweiligen Situation zu agieren und sich niemals von Faustregeln in den Tod leiten zu lassen.

Oder auf Neudeutsch: Je situations-elastischer man reagiert, desto besser. Eigentlich ist Anpassungsfähigkeit doch eine der großen Stärken der Menschen. Vor allem bei der Schneedecke heißt es, sich in kürzester Zeit anzupassen und dabei innerhalb von Tagen und oft sogar Stunden vollkommen unterschiedlich zu agieren.

Eine schematischer Verlauf der Lawinenaktivität (menschlich ausgelöst sowie spontane Lawinen) durch facettierte Schwachschichten aufgrund des Gefahrenmusters „kalt auf warm“. Man sieht den Bildungszeitraum der jeweiligen Schwachschicht und wann sie aktiviert wurde (teilweise mehrmals aktiviert, Aktivierung erfolgt entweder durch Neuschnee, Wind oder durch Schwächung der Schicht durch Schmelzwasser im Frühjahr).
Die Grafik habe ich über den gesamten Winterverlauf nach Gefühl gezeichnet. Sie ist stark vereinfacht. Es geht um die grundlegende Aussage. Schwachschicht 5 wurde zwar schwach ausgeprägt, aber wurde niemals aktiviert.
Genaue Erläuterung und Erklärungen zu den sechs Schwachschichten durch „kalt auf warm“ im Saisonbericht der LWDs.

Ende Feber der Höhepunkt der Kältephase. Auf den höchsten Messstationen fallen die Temperaturen auf deutlich unter -30°C. So kalt, wie seit den 80ern nicht mehr. Da es schattseitig keinen Grund zur Sorge innerhalb der Schneedecke gibt, dürfen wir wenigstens immer sonnseitig graben. Zumindest dort, wo wir uns auch hintrauen. Das heißt: sonnseitige Mini-Hänge mit flachem Auslauf finden die man aber schattseitig erreichen kann. Außerdem müssen die Profilhänge in dem Höhenband liegen, wo die Schwachschicht vorhanden ist.

 

Der März war ist fast durchwegs trüb ohne nennenswerten Neuschnee, die Verhältnisse solala. Nachdem sich aber in der Schneedecke mittlerweile weitere „kalt auf warm“-Probleme entwickelt haben, bereiten wir uns mehr Freude durch weitere Schneeprofile.

Vertikal verlaufende Schmelzkanäle freilegen und per Handschuh sichtbar machen
Es lag zwar einiges an Altschnee. Aber für März war die Schneesituation nur mehr leicht überdurchschnittlich, inzwischen wieder weit entfernt von außergewöhnlich.

Erst Ende März hat sich der Winter wieder von seiner schönsten Seite gezeigt.

#1 + #2

 

Eine gewisse Stelle im Winter 2018
Und zur gleichen Zeit 2017

Mit dem Monatswechsel von März auf April schließlich der Einzug des Sommers. Firn gab es bis zur großen Wetterumstellung noch an keinem einzigen Tag in der Saison. Der April war so warm wie ein durchschnittlicher Mai. Jetzt gab es Firn in Hülle und Fülle. Nur das gute Zeitfenster am Morgen wurde durch die warme, teils sehr feuchte Luft, immer kürzer. Die Schneedecke raffte dahin, vor allem weiter unten. Bei uns zu Hause auf 1500m ist eine ca. 1m mächtige, gesetzte Altschneedecke nach dem „Auffüllen“ der Temperaturreserve (sobald die Schneedecke durchwegs auf 0°C erwärmt wurde) innerhalb von ca. 10 Tagen vollständig abgeschmolzen. Bis auf knapp über 2000m sind bis zu 10cm pro Tag an Schnee geschmolzen. Dadurch wurden bei einigen Flüssen neue Pegelhöchststände für die Jahreszeit erreicht, und dabei werden diese in Tirol teils seit den 1950ern gemessen!

11. April Haggen
21. April – Schneerückgang in 10 Tagen etwa ein Meter

Die Lawinenaktivität durch Schneebrettlawinen hielt sich aufgrund der inzwischen wieder großteils stabilen Schneedecke in Grenzen. Die oberflächennahen Schwachschichten durch „kalt auf warm“ waren inzwischen wieder versintert bzw. durch oberflächliche Durchfeuchtung der Schneedecke zerstört. Doch Gleitschneelawinen und nasse Lockerschneelawinen waren auf jedem Schritt und Tritt zu sehen.

Gewaltige Lockerschneelawinen. Ein Charakteristikums der Ausaperung im Winter 2018.

Bis Anfang April gab es noch keine vollständig durchfeuchtete Schneedecke sondern lediglich sonnseitig einige Krusten der Schönwettertage. Dazwischen gab es nur vereinzelt kleine Schmelzwasserkanäle in tiefere, noch trockene Bereiche der Schneedecke. David am 02.04. am Roten Kogel.

Da wir mit den Vier Elementen (Höhe, Exposition, Steilheit, Zeit) umgehen gelernt haben und sie auf Lawinengefahr und Schneequalität anwenden können, konnten wir noch eine Hand voll lässige Abfahrten in Restpulver und natürlich im Firn realisieren.

Wenige Stunden später ist der meiste Schnee hier im Talboden gelegen.
So hat es 3 Stunden später von unten ausgeschaut.
Seht ihr äußerst links die raue Schneeoberfläche? Das ist beginnende Büßerschneebildung.
Kein Mensch hätte nach einer Woche mit sehr hohen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein geglaubt, dass wir das noch im perfekten Pulver gefahren sind. Meine zukünftige Antwort: Die Vier Elemente machen’s aus.
Kleine Moidl unterwegs zum Steilpulver
Versprochener Pulver zaubert ein Lächeln.

 

Am 18.04. hab ich mit der Sellrain-Sinfonie noch eine sehr lässige Eintages-Durchquerung gemacht.

Sonnenaufgang bei der Sellrain-Sinfonie. Blick Richtung Kühtai von der Hinteren Karlesspitze

So früh gab es noch nie Sommerfirn bis in so hohe Lagen: Um den 20. April hat er sich innerhalb von wenigen Tagen gebildet.

Sommerfirn ist gekennzeichnet durch das Fehlen von Schwachschichten, einer sehr hohen Festigkeit, einer unregelmäßigen Schneeoberfläche und bremsenden Eigenschaften zum Skifahren. Er ensteht, wenn der Wassergehalt in der Schneedecke nach dem Durchfeuchten im Frühjahr wieder abnimmt. Sommerfirn besteht aus Schmelzformen die nicht gefroren sind aber trotzdem annähernd die Festigkeit von gefrorenen Schmelzformen entspricht (= Schmelzkrusten). Schneebrettlawinen gibt es bei Sommerfirn nicht mehr, dafür Gleitschneelawinen. Die Oberfläche erinnert sehr stark an den Wasserabfluss bei Regen auf eine Hochwinterschneedecke. Vermutlich wird die Obrflächenform auch durch den Wasserabfluss erzeugt, nicht durch die Strahlung wie häufig angenommen. Für Sommerfirn braucht man einen möglichst hohen, absoluten Wärmeinput auf eine möglichst mächtige Ausgangsschneedecke aus dem Hochwinter. Die Dauer ist nach Beobachtungen der letzten Jahren vermutlich auch ausschlaggebend: Je schneller und intensiver die Wärme wirkt, desto eher bildet sich Sommerfirn. Mehr Infos zum Sommerschnee, sommerfestem Schnee, Wabenschnee, englisch Suncups oder eben dem Sommfirn findet man in diesem Schneegestöber.

Eine weitere Spezifizierung und eine Einordnung der Schnee-Ablationsformen nach meinen Beobachtungen der letzten Jahre folgt in einem Schneegestöber kommende Saison.

Erster Sommerschnee
Anfang Mai Sommerfirn bereits überall. Meist taucht er in den inneralpinen Trockengebieten wie dem Sellrain erst im Juni auf.

Der Mai hat weitergemacht wie der April: Extrem warm, wenig Niederschlag und extreme Schmelzraten. Ein kurzer Dämpfer Mitte Mai mit 30cm Neuschnee weiter oben hat daran wenig geändert. Meist herrschte „gradientschwaches Gammelwetter“ wie ich es bezeichne. Eigentlich typisch für den Sommer in unseren Breiten.

„gradientschwaches Gammelwetter“
Habicht Anfang Mai
Basti startet souverän in die bockharte, ruppige Abfahrt. Warum sie bockhart ist… ebenfalls im Schneegestöber folgende Saison.
Das Frühjahr 2018 war aber auch gekennzeichnet von einer starken Fichtenblüte. Bei Windstößen sah man gelbe Fahnen im ganzen Land über die Wälder streichen.
Hier unser Auto nach der Tour auf den Habicht nach ein paar Stunden am Parkplatz.

Der Hetz, wie man in Tirol sagt, darf am Berg hie und da nicht fehlen.

Matthias und Lukas erfreuen sich am Geschmack des Erwachsenen-Solero. Zwischenform aus Hagel und Graupel aus einer gewitterartigen Zelle im Frühjahr.
Der Hagel hat uns besonders an unsere Kindheit erinnert. Der Geschmack auch.
:-) Mai-Firn im Jamtal
Gleitschneelawinen vom April haben teilweise gewaltige Ablagerungen hinterlassen. Bezeichnung? „Lawinentische“?
Die extreme Ausaperung macht sich im Mai in Kühtai bereits stark bemerkbar.

Den Mai haben wir auch für Ausflüge genützt:

Frische Gleitschneelawine und Gleitschneerisse auf Felsplatten am Anstieg zur Marmolata.

 

Saharastaub an der Altschneeoberfläche war besonders schön ausgeprägt. Bei der Abfahrt von der Marmolata mit scharfer Grenze durch die letzte Schneefallgrenze.
Am Anstieg zum Alphubel in Saas-Fee. Allalinhorn im Hintergrund. Man erkennt was in der Gletscherschichtung nach Saharastaubeinträgen übrig bleibt. Und man wird sich bewusst, wie häufig dies in den Alpen vorkommt. Eigentlich gibt es fast jeden Winter mehr oder weniger starke Saharastaubeinträge.
Wie hier am Beispiel vom 12.04.
Abfahrt nach Saas Fee am 20.05. Die Schneemengen im Wallis (wo es im Jänner mit Abstand am stärksten geschneit hat) waren trotz der Hitze des Frühjahrs noch mehr als eindrücklich. Nordseitig lag die Schneegrenze Ende Mai noch an der Waldgrenze dort…
Abfahrt mit zwei kurzen Unterbrechungen bis direkt ins Dorf auf 1800m am 20.05.!

Schlussendlich war es in Kühtai einer der frühesten Tage mit einer letztmalig durchgehend möglichen Abfahrt bis zur Straße vom Gaiskogel seit 2010. Die Aufzeichnungen:

2010: 7. Juni

2011: 20. Mai (schneearm und extrem warmes Frühjahr)

2012: 1. Juni

2013: 14. Juni (extrem kalte und schneereiche Zeit im Mai und Anfang Juni)

2014: 1. Juni

2015: 3. Juni

2016: 6. Juni

2017: 26. Mai

2018: 25. Mai

Man sieht also wieder: Die Schneemenge des Hochwinters sagt nur wenig bis gar nichts über die Dauer der Skitourensaison aus.

Winterverlauf Beobachterstation Kühtai. Rosa: Heuriger Verlauf. Graue, dicke Linie: Durchschnitt seit 1990. Grauer Bereich: Maxima und Minima seit 1990.
Heuer: Durchschnittlicher Winterbeginn, viel Schnee bis Mitte Feber mit neuen Maxima (es lag also seit 1990 noch nie soviel Schnee im Jänner in Kühtai) und lediglich überdurchschnittlichen Mengen bis Anfang April. Dann eine mega-extrem-schnelle Abnahme.

 

Die automatische Station direkt neben dem Beobachtermessfeld zeigt gleiches Bild. Mit Beginn am 02.04. ist eine 150cm mächtige Ausgangsschneedecke am 07.05. abgeschmolzen.

 

Niederschlagsverlauf Kalenderjahr 2018 in Kühtai. Im Jänner gab es ein neues Maximum. Es hat also noch nie seit Messbeginn (1974) soviel Niederschlag vom 01.01. bis zum 23.01. gegeben. Dann ist der nennenswerte Niederschlag aber vorbei. Es gibt nur mehr sehr wenig Niederschlag bis Mitte Mai. Mitte April liegen wir bereits wieder im Durchschnitt für die Jahreszeit an aufsummiertem Niederschlag seit 01.01. (nicht aber für die gesamte Schneemenge, denn zu schneien begonnen hat es ja bereits im November ;). Ende Juli/Anfang August wurden neue Minima gemessen. Das heißt, es hat seit Messbeginn noch nie so wenig Niederschlag vom 01.01. bis zum 01.08. gegeben als 2018.

Die Grafiken kann man übrigens alle über die Produkte des Landes Tirol einsehen: Über Hydro Online oder LAWIS.

Ende Mai schließlich unausweichlich: Die Skitragesaison beginnt.

Die Schneedecke zieht sich auf die höchsten Berge zurück. Blick von der Weitkarspitze durch’s Kraspestal nach Haggen Ende Mai.
Gleirschtal
Dafür gibt es wieder ein paar steile Sachen.
Und man fragt sich, wie man die ganze Ausrüstung ins Auto bringen soll.
Aus der Hochfeiler Nord wurde Ende Mai wetterbedingt die Möseler Nord.

Im Juni lassen wir die Saison klassisch ausklingen…

…. z.B. am Timmelsjoch am 03.06.
Mit der maximalen Sommerfirnausprägung.
Die ein oder andere lässige Aktion fällt uns noch ein. Fernerkogel Nordgrat.

Exakt 1100hm Abfahrt mit zwei mal kurz ausziehen nach Lüsens
Wer hält wen für verrückt?
Flo genießt den Junischnee
Anstieg zur Weißseespitze am 16.06. – Es hat nordseitig bis Mittag nicht aufgefirnt, wir sind auf pickelhartem Harsch runtergerattert. In der Nacht zuvor ist die absolute Luftfeuchtigkeit auf einen Taupunkt von unter -30°C gefallen. Damit war die Luft so trocken wie fast nie um diese Jahreszeit und die Schneesublimation hat die Schneeoberfläche stärker gekühlt als die Sonne kurz vor Höchststand in steilen Nordseiten zum Auffirnen an Energie hergebracht hätte. Bei „normaler“ Luftfeuchtigkeit gehe ich davon aus, dass die Abfahrt, wenige Minuten nachdem die ersten Sonnenstrahlen draufgeschienen hätte, aufgefirnt gewesen wäre. Ähnliches haben wir Anfang Mai am Habicht erlebt.
Blick über den Gepatschferner am 16.06.
Im Kaunertal lagen im Juni noch viele Lawinenkegel im Talboden. Der 5er vom Jänner lässt grüßen.

Am 26.06. war ich nach Neuschnee nochmal kurz mit den Ski im Ötztaler Gletscherskigebiet spazieren und hab mich danach dem elendig heißen Sommer ergeben.

Tiefenbachferner am 26.06.

Alles in allem wieder eine gewaltige Saison. Vieles gelernt, noch viel mehr gesehen, viele Projekte durchgeführt, viele tolle Abfahrten erlebt. Wir leben in der schönsten Gegend der Erde – den Alpen :)

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