Die Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Lawinenwarndienste hat ihren Saisonbericht zum Winter 2017/18 veröffentlicht. Der Bericht enthält wie immer nicht nur statistische Auswertungen zum vergangenen Lawinenwinter, sondern auch viele detaillierte und eindrucksvoll bebilderte Analysen zu spezifischen Unfalllawinen. Neben den LWDs der österreichischen Bundesländer sind auch das SLF und der LWD Südtirol mit Gastbeiträgen vertreten. Heuer neu: Druck-Version erhältlich über den Alpenvereinsshop.
Der Winter 2017/18 in Stichworten
- früher Beginn
- tolle Tourenbedingungen bei häufig stabiler Schneedecke, praktisch keine relevanten, bodennahen Schwachschichten
- dafür ausgesprochen hohe Gleitschnee-Aktivität. Am 16.03.2018 werden im Wallis 4 Personen von einer Gleitschneelawine getötet. Es ist einer der größten Gleitschnee-Unfälle, der in den Alpen bekannt ist.
- Markante, besonders „giftige“ Schwachschichten in Sonnenhängen über kurze Zeiträume in Oberflächennähe durch Kalt-auf-Warm Prozesse
- sehr große (5) Lawinengefahr Ende Jänner
- extreme Kälte Ende Feber
- späte Ausbildung von Firn
- dafür Sommerfirn ausgesprochen früh und bis in hochalpine Bereiche
- rasantes Ende
Winterverlauf 2017/18
Auf einen ausgesprochen warmen Oktober 2017 folgt ein durchschnittlich schneereicher November. Ab Mitte November kann man bereits im Gutteil der Alpen Skitouren im Gelände von relativ tiefen Ausgangspunkten unternehmen. Der im Verhältnis zu den drei vorigen Saisonen schneereiche Frühwinter setzt sich im Dezember fort. Im Jänner schließlich stellen sich zwei Perioden – um den 04.01. und den 22.01. – mit niederschlagsreichen Westwetterlagen ein. Es schneit teils gewaltige Mengen und im westlichen Tirols, Südtirol und in der Schweiz wird sogar Stufe 5 ausgegeben. Damit sind die nennenswerten Niederschläge des Winters aber praktisch vorbei und nach einer Phase mit äußerst stabilen Bedingungen stellt sich Ende Feber eine extreme Kältewelle ein. Die Temperaturen sacken auf den höchsten Messstationen auf deutlich unter -30°C – so kalt wie seit den 1980ern nicht mehr. Im März ist es im Großteil Österreichs fast durchwegs trüb und erst Anfang April mit einer Umstellung der Großwetterlage hält das Frühjahr markant Einzug. Die Temperaturen erreichen fast sommerliches Niveau und die Schneedecke rafft in kürzester Zeit dahin. Dabei werden Flusspegel überschritten, die es seit den 1950er-Jahren gibt. Der Mai setzt mit nur einer kurzen Unterbrechung die Tendenz des April fort und die vor allem in tiefen Lagen relativ mächtige Schneedecke schmlizt fast gleich schnell wie in den Rekord-Negativ-Jahren (aber mit einer dürftigen Schneedecke aus dem Hochwinter) 2015 und 2017.
Darauf folgt ein extrem heißer Sommer und Herbst wobei die Gletscher sogar im September noch massiv an Masse verlieren und erst Ende September dauerhaft eingeschneit werden.
Statistik
Bei insgesamt 176 Lawinenereignissen, die in der Saison 2017/18 zwischen Oktober und Mai in Österreich von den Warndiensten registriert wurden, verletzten sich von 396 beteiligten Personen 43. 16 verunglückten tödlich. Somit lag die Zahl der Lawinenopfer in diesem schneereichen Winter in Österreich deutlich unter dem langjährigen Schnitt von 25 Personen. War in den vorangegangenen Saisonen oftmals eine Schwachschicht im Altschnee ausschlaggebend für viele Unfälle, so herrschte in dieser Saison bei 81% aller Lawinenunfälle ein Triebschneeproblem vor.
6 bzw. 7 der tödlichen Unfälle ereigneten sich bei Stufe 2 bzw. 3.
60% der tödlichen Lawinenunfälle ereigneten sich in Hängen im Sektor Süd.
Alpenländer
Im Alpenraum verstarben in der Saison 2017/18 ingesamt 104 Personen bei Lawinenunfällen.
Bildgewaltige Unfallberichte
Abgesehen von diesen und weiteren statistischen Eckdaten enthält der Saisonbericht Beiträge der LWDs der einzelnen Bundesländer zum Winter in ihrer Region und ausführliche, reich bebilderte Unfallanalysen zu ausgewählten Vorfällen. Die Texte wie auch die Statistiken und Abbildungen sind aussagekräftig und verständlich gestaltet. Damit rangiert der Saisonbericht der Ö-LWDs auf dem höchsten Niveau der Unfallprävention in Sachen Lawinen.
Wie jedes Jahr ist der detailliert aufbereitete Saisonbericht ein beeindruckendes Zeugnis über die ungemein wertvolle und hochprofessionelle Arbeit der Lawinenwarndienste.
Fazit: Jeden Cent wert und besser investiert als in das neueste Technik-Krimskrams!
Saisonbericht hier erhältlich im Shop des ÖAV.