Neuschnee
Vom 10.04. – 15.04. hat es im Sellrain am meisten Neuschnee von ganz Nordtirol gegeben. Und zwar nur im nordöstlichen Eck um den Rosskogel. Einer mehrtägigen, feuchten Nordostströmung geschuldet. Bei dieser Wetterlage kann die Luft aus dem Inntal ungehindert bis zum Eingang des Sellrain strömen. Dort wird sie gehoben. Es entsteht eine klassischer Stauniederschlag wie bei den sonst bekannten Voralpen-Nordstau bzw. -südstaulagen. Zuletzt gab es die gleiche Wetterlage in dieser Ausprägung am 05.04.2015 wo es im Bereich um den Rosskogel etwa 40 cm schneite – während der Rest Tirols großteils nur angezuckert wurde.
Der Gradient nach Westen war, wie immer bei diesen Wetterlagen, auch dieses Mal sehr stark: Am Pirchkogel (11 km westlich vom Rosskogel) hat es in den drei Tagen nur etwa 10 cm geschneit, am Rosskogel ca. 70 cm.
Im Schnitt hat es in unserer Region etwa 30 cm Neuschnee abgegeben.
Schneemenge
Man kann noch von allen Parkplätzen oberhalb von 1600 m problemlos auf seine Skitour starten. Lediglich bei den Galerien zum Rietzer Grieskogel trägt man die Ski ganz kurz bis oberhalb der Bäume. Lässt man den Neuschnee noch etwas setzen, entspricht die Schneemenge in allen Höhenlagen in etwa dem Durchschnitt.
Von St. Sigmund beispielsweise kann man durchschnittlich bis Mitte April vom Dorf weg ins Gleirschtal bzw. Kraspestal mit Ski starten und auch wieder abfahren. Derzeit sind es die letzten Tage an denen dies möglich ist – also „so wie immer“.
Schneequalität & Altschneeschwachschichten
Zwar findet man weit oben und direkt nordseitig noch bis ins Osterwochenende hinein brauchbaren Pulver – aber genau in diesem Bereich gib es derzeit relevante Altschneeschwachschichten. Diese haben sich in einem kurzen Zeitraum während beziehungsweise kurz vor den Niederschläge gebildet. Es handelt sich dabei um kammnahen, eingeschneiten Oberflächenreif (Die „Königin der Schwachschichten“ – sehr auslösefreudig!) oder um Kantige Kristalle durch den ominösen „Kalt auf warm“ – Prozess. Die Schwachschichten befinden sich inzwischen genau in der richtigen Tiefe um von Wintersportlern ausgelöst zu werden. Sie verfestigen sich von Tag zu Tag zu dieser Jahreszeit. Aber auch wenn die Wahrscheinlichkeit sie auszulösen relativ schnell abnimmt, kann man ihnen trotzdem ganz einfach ausweichen…
Man findet über die Osterferien in Südhängen aller Höhenlagen sowie in West- und Osthängen bis zumindest 2600m wirklich guten Zischfirn. In diesen Hängen ist die Lawinengefahr am Vormittag auch fast kein Thema – sofern die Nacht natürlich klar war. Vor allem gibt es dort keine relevanten Schwachschichten für trockene Schneebrettlawinen. Lediglich nasse Lockerschneelawinen und vereinzelt Schneebrettlawinen werden dort im Laufe des Tages zum Thema.
Man kann einem markant erhöhten Lawinenrisiko also derzeit ganz gut ausweichen. Örtlich wie im Diagramm dargelegt, zeitlich indem man einfach früh unterwegs ist.
Fazit
Kombiniert man Schneequalität und Lawinengefahr, kommt man auf eine klassische Frühjahrssituation. Man ist früh unterwegs. Spätestens zu Mittag ist man wieder beim Auto (wenn man westseitig abfährt je nach Temperatur und Bedeckungsgrad der vorigen Nacht auch erst im Laufe des Nachmittags) und lässt den Tag auf der Sonnenterrasse des Gasthof Ruetz in St. Sigmund gebührend ausklingen.
Mehr Fotos
Hallo Lukas,
erstmal großes Lob – tolle Seite! Bin durch Zufall hier gelandet und möchte eine Skitour ab Parkplatz Lüsens machen.
Hat sich denn in den letzten Tagen die Schneelage wesentlich geändert oder ist ein Start ab dem Parkplatz Lüsens noch möglich?
Viele Grüße und Danke
Marco
Hallo Marco,
mittlerweile muss man die Ski ein Stück hineintragen. Maximal 15 Minuten schätze ich.
Hallo Lukas,
So ein weiches Schneebrett hat doch eine schwache Bruchfortpflanzung, oder? An dem Schneebrett sieht man links eine Stockschleifspur (glaub ich zu sehen). Kann es sein dass das Brett auf der Breite nur abgegangen ist weil der Skifahrer immer weiter nach links gefahren ist und das Brett immer weiter abgeschnitten hat? Quasi wie man einen Vorhang mit der Schere abschneidet.
Und dann noch was – ist das rechte Brett eine Fernauslösung, ausgelöst durch den Abgang des linken?
Reine Neugierde. Du warst ja vor Ort.
– Oliver
Hallo Oliver,
nein, das rechte Brett ist spontan am Vortag abgegangen.
Und leider auch nein, das mit dem „Vorhang abschneiden“ funktioniert bei einem Schneebrett nicht. Es geht immer um den Bruch in einer Schwachschicht und die Bruchausbreitung aus einem Zusammenspiel Schneebrett-Schwachschicht. Ein weiches Schneebrett kann vor allem bei den hohen Zugkräften an der oberen Anrisskante schlecht den Bruch ausbreiten lassen, das stimmt. Deswegen sind weiche Schneebretter fast immer mit einer steiler nach unten laufenden Anrisskante versehen als härtere Bretter deren Anrisskante weniger steil bzw. unter Umständen auch ansteigend den Hang links und rechts entlangläuft.
LG
Lukas
Sehr guter Report! Danke