Wie gewohnt konnten wir heuer die ersten Skitouren, abseits der Gletscher, im Oktober durchführen. Am 24.10. war ich, nach den starken Schneefällen der beiden vorigen Tage, am Hoadl – bei perfektem Pulver:
Da auf den ersten, herbstlichen Schneefall meistens wieder ein „Hitzeeinbruch“ folgt, hat sich die Schneedecke in einen tragenden Deckel umgewandelt und man konnte die ersten Firntouren im Gelände machen, wie Ende Oktober am Rietzer Grieskogel:
Neuerliche Schneefälle Anfang November haben auf einen endgültigen Winterstart hoffen lassen, der jedoch bis Mitte Jänner ausblieb.
Von Mitte November bis Mitte Jänner hat sich der Winter von seiner schlechtesten Seite präsentiert: Mehrmals Regen bis weit über 2000m und schwankende Temperaturen haben uns der Schneedecke in tieferen Lagen wieder beraubt und uns in höheren Lagen eine verdammt skrupellose – für den Laien kaum einzuschätzende – Lawinensituation beschert. Leider kann man bei einem „Altschneeproblem“, das wir heuer in einer extremen Form von Mitte Dezember bis Ende Feber vorfanden, kaum mehr nach Intuition und Erfahrung entscheiden. Die Risikokalkulation kann praktisch nur mehr auf Wissen basieren bzw. muss man dem Lagebericht voll und ganz Vertrauen schenken. Das heißt für die angesprochene Periode: ALLE Steilhänge zwischen 2000m – 2600m in ALLEN Expositionen, die nicht andauernd befahren werden, meiden. Leider hapert es bei der Umsetzung des Lageberichtes offensichtlich noch bei einer derart starken Ausprägung dieses Lawinenproblems wie im vergangenen Winter.
Aber nicht nur die Lawinensituation hat auf das Gemüt geschlagen, auch durch die Schneearmut waren lange immer nur die gleichen (Gammel-) Touren halbwegs lohnend. Zwar konnte man im November relativ gut den Zwieselbacher oder den Längentaler machen – aber das war es auch dann.
Dafür bietet unsere Heimat auch andere Naturschönheiten außer guten Schnee:
Außerdem sind wir es ja – trotz alljährlicher Summserei – gewohnt, dass sich der Winter zwischen Feber und Juni abspielt. Nicht wie in den Köpfen verankert, zwischen Dezember und März. In größeren Höhen war eigentlich „Winter“ und genug Schnee vorhanden. Was es im Tal herunterregnete, kam oben natürlich als Schnee daher. Außerdem bringt der Regen auch ein paar schöne Seiten mit sich:
Die negativen Auswirkungen der Temperaturschwankungen auf die Schneedeckenstabilität erreichten ihren Höhepunkt ab Ende Dezember:
Anfang Jänner war die Situation am schlimmsten: Setzungsgeräusche, Rissbildungen und Fernauslösungen standen am täglichen Programm – Touren im flachen bzw. häufig befahrenen Gelände waren angesagt. Anstatt der ersten lässigen Runden konnte man sich die Aktivität im Freien mit Schneeprofilschaufeln „versüßen“ und sich über den Aufbau der Schneedecke Gedanken machen.
Die Krusten der Regenereignisse vom Dezember kamen immer wieder oberflächlich zum Vorschein, da der Wind ebenfalls ein Thema war:
Am 15.1. hat sich das Wetter umgestellt, endlich konnte kalte Luft in Richtung Mittelmeer vordringen und uns nennenswerte Neuschneemengen bescheren. Auch die Belastungstests brachten langsam bessere Ergebnisse:
Die Schneefälle hatten auch lässige Pulverschwünge im Gepäck, obwohl versteckte Steine noch sehr lange ein Thema waren:
Mitte Feber brachte uns längeres Schönwetter, vor allem südseitig, sichere Verhältnisse und den ersten Firn:
Für einige Tage gab es wirklich guten Firn und dazu musste man nicht früh unterwegs sein. Außerdem konnte man, je nach Vorliebe, noch genug Pulver finden.
Ende Feber kam – der inzwischen wieder längst überfällige – Neuschnee, teils in rauen Mengen und noch dazu ohne Windeinfluss. Langsam konnten wir die ersten, langen Runden durchführen und an steilere Abfahrten denken.
Nicht unerwähnt bleiben darf die „Inzinger Haute Route„, die wir am 13.3. wiederholen konnten. Einfach eine tolle Runde in einer, im Winter, kaum frequentierten Ecke der Stubaier Alpen, sowie auf besonders schöne Hausberge kombiniert mit rassigen Anstiegen und steileren Abfahrten.
Neben viel Pulver hatte der März auch Firn zu bieten:
Heuer im März und April auffällig: Ich war kaum auf unseren höheren Bergen unterwegs. Bei guten Verhältnissen hab ich andere Projekte abgehakt und den Bergen über 3000m weniger Beachtung geschenkt.
In den ersten Apriltagen schließlich Sturm und Neuschnee – viel Neuschnee. Nachdem St. Sigmund-Dorf bereits komplett ausgeapert war (nach genau zwei Monaten, Mitte Jänner bis Mitte März, mit geschlossener Schneedecke – wohl ein neuer „Negativrekord“ ) kam bis 7. April wieder einiges vom Himmel:
Dabei besonders hervorzuheben:
Am 5.4. – während es im Inntal den ganzen Tag wechselnd bewölkt war und sich die Sonne gezeigt hat bzw. es in weiten Teilen Tirols nur leicht gefuselt hat – gab es im Sellrain, genauer zwischen Kematen Eingang Schlucht und Kühtai, starken Schneefall über den ganzen Tag!
An diesem Tag hat es bei uns 30cm geschneit, während ganz Tirol praktisch leer ausging. Vermutlich ein einmaliges Erlebnis, entstanden aus einer schwachen Nordostströmung, die die feuchte Luft genau über das Seefelder Plateau bis über den Kamm Rietzer-Rosskogel gedrückt hat und so einen lokal begrenzten Staueffekt mit sich brachte.
Durch die tagelang kalte Luft, die Neuschneemengen und den Sturm gab es gute Sprengerfolge und kurzfristig – lawinenmäßig – eine reine Hochwintersituation. Zurückhaltung in steilen, schattigen Hängen war wieder angebracht.
Am 9.4. kam wieder wärmere Luft bei uns an und es war selbst in Schattenhängen vorbei mit dem Pulver.
Das Frühjahr war nicht aufzuhalten:
Es stellte sich eine klassische Firnsituation ein: Früh unterwegs zu sein, war Mitte April das A und O. Außerdem gab es wieder starke, spontane Lawinenaktivität. Die erste Hitzewelle hatte uns erreicht. Zwar hätte man einige steile Abfahrten in diesen Tagen realisieren können, doch die Motivation war bei mir ausnahmsweise nicht vorhanden und ich hab nur „Standard-Firntouren“ gemacht.
Dafür gab es Ende April eine sehr seltene Situation: Kühle Temperaturen und eine sehr niedrige Luftfeuchtigkeit ließen den Harschdeckel von Tag zu Tag dicker werden, ohne ihn an jedem Tag gänzlich durchzuweichen. Dadurch konnte man nach einigen Tagen der „Harschdeckelakkumulation“ problemlos ganztags unterwegs sein, man wäre kaum durch den Deckel durchgebrochen oder hätte am Nachmittag Angst vor spontanen Lawinen haben müssen. Der Deckel wurde teils über 30cm dick! Ich hab in dieser Zeit – durch ein Motivationsloch für lange Touren – einige, sehr lässige, steile Abfahrten abgehakt. Auch die Schneequalität war, neben den sicheren Verhältnissen, der Hammer.
Doch die Skitragerei muss natürlich auch irgendwann beginnen, selbst, wenn man auf 1540m wohnt. Damit beginnt meist die ruhigste Zeit auf den heimischen Bergen…
Anfang Mai schließlich eine erste feucht-warme Periode: Keine einzige „Strahlungsnacht“, +5°C auf 2900m, Regen und hohe Luftfeuchtigkeit haben die Tourenverhältnisse stark eingeschränkt. Das Hauptproblem dabei: Der bremsende, feuchte Schnee an der Oberfläche. An solchen Tagen bleibt man am besten auf Pisten, sofern man was von der Abfahrt haben will.
Bis zum 15.5. konnte man dem Schnee beim Abschmelzen zuschauen: Aus Murgräben, wo normalerweise nur nach starken Gewittern Bäche herunterschießen, kamen Schmelzwasserströme. Die Temperatur sank in der Nacht auf 2000m teilweise nicht unter +10°C.
Mitte Mai gab es einzelne „Strahlungsnächte“. So konnte man wieder lässige Touren machen, z.B. den Großglockner am 11. Mai.
Ende Mai wurde es noch schlimmer wie zu Beginn des Monats: Schmudlwetter mit warmen, sonnigen, schwülen Tagen und dazu bedeckte Nächte mit Gewittern. Oben gab es zwar einiges an Neuschnee, leider verwandelte sich dieser schnell zu schwerem Sulz, der die Freude am Skifahren gegen Null sinken ließ.
Die Situation Anfang bis Mitte Juni war recht durchwachsen und die Temperaturen wollten auch nicht auf ein Ski-freundliches Niveau sinken. Oberhalb von 3000m fand man immer noch den bremsenden Sulz. Außerdem gab es durch die Murkatastrophe in Sellrain andere Prioritäten.
Anhand der Fotos von Lukas – aufgenommen in Igls – sieht man gut, wie kleinräumig das Gewitter gewütet hat. In St. Sigmund gab es ein „normales“ Gewitter, in Sellrain das Weltuntergangsszenario – in Igls hat es nur kurz getröpfelt:
Nur vereinzelt gingen sich, zwischen den Bergtouren, noch lässige Skitouren mit Sommerfirn aus.
Ende Juni hätte es noch einige Tage mit guten Skibedingungen gegeben – die meinerseits nicht genutzt wurden. Vielleicht schau ich in diesem Sommer ein paar mal in Richtung Gletscher, um die Saison entsprechend ausklingen zu lassen.
Eines sollte man nicht vergessen: Auf unsere (meist verregneten oder viel zu heißen) Sommer folgt wieder der nächste Winter ;-)
Danke Lukas! Ich freue mich schon auf deinen Tourenwinter 2015/16