Gestern Nachmittag ist mir spontan wieder die Hüttenrunde in den Sinn gekommen. Sie ist mir im vergangenen Herbst – auf der Suche nach Sommerrunden, die als idealen Einstieg in die „richtig weiten“ Sachen dienen könnten – ins Aug gestochen. So hab ich mir die Strecke nochmal durch den Kopf gehen lassen und mich schnell entschlossen, sie heute zu probieren:
Um viertl vor Vier ging es vom Bergheim in Richtung Potsdamer. Auf halber Strecke zwischen Hütte und Hochgrafljoch konnte ich die (sogar im schwächsten Modus) verdammt helle Lupine abdrehen. Vorbei an einigen, noch ruhenden und ziemlich verdutzt schauenden („Was macht denn der schon hier?“), Viehgruppen war ich genau bei Sonnenaufgang am Hochgrafljoch.
Ohne Leibele zu wechseln oder eine Jacke drüberzuziehen, ging es gleich weiter Richtung Lisens. Im letzten Stück vor dem Talboden hab ich eine Gruppe junger, nördlicher Nachbarn erschreckt, die wohl nicht damit gerechnet haben, dass ihnen um diese Uhrzeit jemand bergab entgegenkommt. Bei der Längentalalm war ich wieder in der Sonne und das Westfalenhaus stand auch bald vor mir. Weiter geht es zur Schöntalspitze, wo ich kurz pausiert hab. Die Schneefelder am ehemaligen Zischgenferner waren sehr angenehm zu gehen. Jetzt war auch die Pforzheimer nicht mehr weit. Dort hab ich kurz geschaut, wie es den Spanier Hennen aus meiner Zucht – die seit kurzem für einen Teil der Eierversorgung der Hütte verantwortlich sind – dort oben taugt.
Auf’s Gleirschjöchl lief es ziemlich flott. Oben hab ich nur für die „Rundenzeit“ auf die Uhr gedrückt und bin gleich im Laufschritt weiter zur Gubener, begleitet von den eigenartigen Blicken der am Jöchl rastenden Gruppe :-)
Hinter der Gubener hab ich den halben Wecken Brot gegessen und die zweite Pause eingelegt. Die Hitze beim Anstieg zum Hochreichkopf war gut erträglich. Unterhalb der Hochreichscharte liegen noch riesige, zusammenhängende Schneefelder. Deswegen bin ich dort da einzige mal von der geplanten Route abgewichen und direkt über die Südflanke und den Ostgrat auf den Gipfel. Oben extrem warm (3000m) und richtig fein.
Nach kurzer Pause ging es über den – steil ins Ötztal abfallenden – Wilhelm Oltrogge Weg zur Niederreichscharte und über den Lauser, vorbei an Hochbrunnach, Längentaler Turm, Wechnerkogel und Acherkogel zur Alten Bielefelder Hütte, die 1951 bis auf die Grundmauern verlehnt ist. Dabei bin ich fast auf eine perfekt getarnte Scheehuhn-Mami getreten, die genau am Weg saß und wegen mir von ihrem, wenige Tage alten (im Juli!?), Nachwuchs aufhüpfen musste. Zum Glück hab ich schnell geschalten und bin gleich weiter (obwohl die Versuchung zu fotografieren sehr groß war) um sie nicht noch mehr von den Küken wegzutreiben. Unterhalb des Acherkogels war wegen der Steiganlage und den steil abfallenden Seiten Richtung Tumpen nochmal Konzentration gefordert.
Bald war ich dann in Hochötz, wo viele Gleitschirme die perfekt-thermischen Bedingungen nutzten und noch mehr Wanderer die Fahrwege säumten. Vorbei an Bielefelder Hütte, Kühtaile- und Balbach Alm ging es endlich raus aus den Menschenmassen.
Am Eingang zum Wörgetal hab ich mich nochmal auf eines der Bankln gehockt, den Rest vom Brot gegessen und die feinen Temperaturen genossen, bevor ich über den Knappenweg zur Mittergrathütte und weiter zum Stausee bin. Erstaunlicherweise muskulär noch richtig fit (wahrscheinlich wegen der Unmengen an Kalorienaufnahme unterwegs, für meine Verhältnisse, normal esse ich ja nur bei weiten Sachen und dann auch nur ein oder zwei Riegel), dafür von der Konzentration her ziemlich geschlaucht, bin ich schließlich nach 13 Stunden und 28 Minuten bei der Dortmunder angekommen.
Allgemeines zur Tour
Stöcke: unmöglich sowas ohne zu machen, zumindest für mich. Außerdem ist man im Aufstieg, bei gleicher Anstrengung, um einiges schneller.
Kompressionssocken: zum ersten mal probiert (bevor sie im Kasten vergammeln), bringt subjektiv gesehen wirklich viel. Oder nur Placebo-Effekt? Egal.
Sonnencreme: Vor allem für’s Gnagg.
Hitze: Heute ja neue Rekordtemperatur in Innsbruck mit 38,2°C. Auch Koglalm mit 23°C und Lampsen Gipfel (2875m) mit 19°C rekordverdächtig. Für mich: Eher Vorteil! Sehr angenehm, vor allem am Morgen und auf den Jöchern/Gipfeln, da man nie Leibele wechseln oder Jacke anziehen musste und bei den Abstiegen nie auskühlt. Zwischen Hochreichkopf und Acherkogel waren die thermischen Aufwinde derart stark, dass die gefühlte Temperatur grade recht war…
Verpflegung: bei mir: 1 Wecken Schwarzbrot. 8 Corny Big Riegel. 2 Mannerschnitten. So 7 – 8 Liter Wasser, längste Strecke ohne Auffüllmöglichkeit: Horlacher Steinkar bis Acherkogel.
Pausen: wichtig für die Gelenke! Kurz hinhocken und Füße komplett erschlaffen lassen. Spür jetzt einen Tag gar nichts, nicht einmal ein Zwicken. Aber nicht zu lang, sonst kommt man wieder schwer rein…
Richtung der Runde: Start wär bei der Dortmunder genauso gut möglich, vor allem, weil man für den teils ausgesetzten Steig zwischen Acherkogel und Hochreichkopf noch mehr Konzentration hätte, aber das ewig lange Flachstück zwischen Hochgrafljoch und Bergheim wollte ich nicht am Ende haben. Man könnte sie natürlich auch „schließen“ indem man von Kühtai wieder zum Bergheim zurückgeht…
Höhenprofil:
Weil ich Richis Angaben zu seinen Höhenwegrunden sehr interessant gefunden habe, hier auch die meinen:
Ort | Uhrzeit Ankunft | Gehzeit vom letzten Wegpunkt | Pause ca. |
Bergheim Fotsch | 03:45 | ||
Potsdamer | 04:37 | 52‘ | |
Hochgrafljoch | 05:44 | 67‘ | |
Lisens | 06:38 | 54‘ | |
Westfalenhaus | 07:36 | 58‘ | |
Schöntalspitze | 08:26 | 50‘ | 10‘ |
Pforzheimer | 09:33 | 57‘ | |
Gleirschjöchl | 10:08 | 35‘ | |
Gubener | 11:01 | 53‘ | 15‘ |
Hochreichkopf | 12:38 | 1h22‘ | 10‘ |
Am Lauser / Hohe Warte | 13:38 | 50‘ | |
Neue Bielefelder | 15:20 | 1h42‘ | |
Eingang Wörgetal | 16:19 | 59‘ | 10‘ |
Dortmunder | 17:13 | 44‘ |
Wow – das ist auch mal eine Variante die Runde zu gehe. Respekt! Ich habe mir ein paar Tage mehr Zeit genommen…
Chapeau…!!