Die Sellrainer Berge sind ein Teil des Ötztal-Stubai-Kristallins und damit eine Untergruppierung der ostalpinen Decke (eine der vier geologischen Decken der Alpen). Damit stammt das Ausgangsgestein ursprünglich vom afrikanischen Kontinent bevor die Thetys – das ehemals existente Meer zwischen Afrika und Europa – geschlossen wurde und die Alpenentstehung eingesetzt hat.
Die kristallinen Gesteine in den Sellrainern sind allesamt Metamorphite, das sind Gesteine die aus anderen entstanden sind, also umgewandelt wurden. Umgewandelt im Laufe von Millionen von Jahren vor und während der Gebirgsbildung. Was wir heute an der Art von Steinen vorfinden, hängt vom Metamorphosegrad und natürlich ebenso vom ursprünglichen Ausgangsgestein ab. Die Umwandlung ist nicht überall gleich ausgeprägt. D.h. Druck, Temperatur und Dauer der beiden hat auf das Ausgangsgestein unterschiedlich eingewirkt. Teilweise finden wir nur schwach metamorphes Gestein, großteils jedoch kann man Ähnlichkeiten mit dem Ausgangsgestein mit bloßem Auge kaum mehr erkennen.
In unserer Gegend gibt es in erster Linie Gneis. Gneis ist ein Sammelbegriff für ein großes Spektrum an umgewandelten Gesteinen. Daneben finden wir Glimmerschiefer, ebenfalls ein mit Gneis eng verwandtes Gestein, das allerdings eine eindeutige Schieferung aufweist und sich vom „normalen“, allgemein bekannten Schiefer u.a. durch den Glimmeranteil (Katzengold) unterscheidet. An einigen Stellen tritt Amphibolit zu Tage, wiederum für uns als Bergsteiger nur schwach unterscheidbar von Gneisen. Allerdings gibt es in den Sellrainer Amphibolitzügen eine der besten Fundmöglichkeiten für Andalusit weltweit.
Für den Bergsteiger interessant ist die Unterscheidung zwischen Orthogneis und Amphibolit auf der einen Seite sowie Paragneis und Glimmerschiefer auf der anderen:
Orthogneis entsteht aus Magmatiten bzw. Plutoniten, also Gesteinen die aus dem Erdinneren stammen, in erster Linie fällt darunter Granit und seine Verwandten.
Paragneis und Glimmerschiefer hingegen besteht aus ursprünglichen Sedimentgesteinen, also Gesteinen die sich auf dem Grund eines Meeres ablagern, das können Kalksteine (hoher Anteil an abgestorbenen Kleinstlebewesen), Tonsteine (niedriger Anteil der genannten) oder Sandsteine sein.
In unserem Fall besteht der Paragneis vornehmlich aus ursprünglichem Tonstein, nicht aus einem Kalkstein. Der Orthogneis entstand aus Granit oder Granodiorit.
Unterscheiden kann man die beiden anhand ihrer Farbe und ihrer Art zu verwittern: Paragneis ist dunkler und gräulich, Granitgneis ist rötlich und verwittert ähnlich wie Granit während sich Granodioritgneis weiß-gesprenkelt zeigt und eine stärkere Neigung zum Vorhandensein von plattigen Strukturen aufweist.
Interessant ist die Eignung zum Klettern aufgrund der Bildung von Wänden oder scharfen Graten beziehungsweise die Brüchigkeit dieser Gesteine:
Am besten geeignet zum Klettern ist Granitgneis und Granodioritgneis, gefolgt von Amphibolit – dann kommt der Paragneis wo man sich schon im Bruchhaufen wiederfindet und im Glimmerschiefer gibt es praktisch keinen festen Bereich mehr.
Aber grau ist all die Theorie, lassen wir Fotos sprechen:
Orthogneis, Paragneis und Glimmerschiefer unterscheiden sich ebenfalls in der Form der Berge die aus ihnen gebaut sind: Während Orthogneis zackige Formen mit glatten Wänden und verhältnismäßig großen Bruchstücken bildet, wandelt sich die Gestalt Richtung Paragneis zum Glimmerschiefer immer weiter zu kleinen Bruchstücken und eher rundlichen Bergformen, z.B. der Lampsenspitze, hohe, sehr steile oder gar senkrechte Wände fehlen hier vollends.
Leider hört man immer wieder, dass unsere Orthogneise Granit wären. Leider stimmt das nicht, die Verwandtschaft ist allerdings zweifelsohne nicht abzustreiten.
An speziellen Erscheinungen finden wir neben dem Andalusitvorkommen bei Lüsens und am Gaiskogel zusätzlich Granate. Diese sind viel seltener zu finden als z.B. am Granatenkogel im Ötztal und um Klassen weniger schön anzuschauen.
Glimmerschiefer der mehr an Schiefer als an Gneis erinnert, findet man am Übergang vom Gleirscher Rosskogel zum Zwieselbacher Rosskogel (mittlerweile bekannt als „Via Mandani“). Dort tritt an einem kleinen Gang der über den Grat verläuft der Glimmeranteil stark zurück, die Schieferung wird feiner. Hier lassen sich perfekt glatte Platten herausbrechen die uns als laienhafte Bergsteiger an richtigen Schiefer erinnern, dessen Platten sind allerdings wesentlich größer als die des Glimmerschiefers.
Katzengold ist aber kein Glimmer, sondern Pyrit
In Tirol bezeichnet man alles goldähnliche als „Katzengold“, nicht nur Pyrit.